Geschrieben: 06. September, 2023 in Krankheiten von A-Z
 
 

Cotard-Syndrom – ein Leben als wandelnde Leiche


Wer kennt sie nicht aus Film und Fernsehen: Zombies, die lebenden Toten, die auf Erden wandeln. Doch was uns mit Popcorn oder der Fernbedienung bewaffnet Schauer über den Rücken treibt, ist bis zu einem gewissen Maße gar keine Fiktion. Zwar sehen diejenigen Menschen, die am Cotard-Syndrom leiden, nicht aus wie die verwesenden Leichen auf der Mattscheibe. Doch innerlich fühlen sie sich tatsächlich – tot. Für Betroffene, Angehörige und Freunde ein bizarrer Albtraum.

Das Cotard-Syndrom, das nach dem französischen Arzt Jules Cotard benannt wurde, wird umgangssprachlich häufig auch Zombie-Syndrom genannt. Doch Betroffene schlurfen nicht etwa durch die Gegend und versuchen, ihren Mitmenschen die grauen Zellen aus dem Schädel zu spachteln. Sie sind nicht dumm und nicht aggressiv. Sie leiden einfach an der Wahnvorstellung, sie seien bereits tot.

Wie äußert sich ein Cotard-Syndrom?

Betroffene fühlen sich buchstäblich tot. Teilweise verlieren sie die Fähigkeit, zu schmecken und zu riechen, sie fühlen keinen Hunger mehr, empfinden kaum oder gar keine Freude mehr. Die Überzeugung, nicht mehr am Leben zu sein, dominiert ihre ganze Vorstellungswelt – so weit, dass sie sich danach sehnen können, diesem für sie merkwürdigen Zwischenzustand ein Ende zu setzen und tatsächlich zu sterben. Für Außenstehende ist diese Überzeugung mehr als nur eine Herausforderung. Doch gerade wenn sich dieser Todeswunsch manifestiert, kann es für Betroffene gefährlich werden. Sie sind dann lebensmüde und gleichzeitig der Überzeugung, ja eh nichts mehr verlieren zu können, da sie doch schon längst tot sind.

Mögliche Ursachen einer Erkrankung

Das Cotard-Syndrom ist eine sehr seltene Erkrankung. Das erschwert natürlich auch die Forschung. Allerdings scheint es einen Zusammenhang zwischen bestimmten physischen und psychischen Erkrankungen und der Entwicklung eines Cotard-Syndroms zu geben. So erhöhen wohl Schizophrenie, eine manisch-depressive Erkrankung, eine Epilepsie, Demenz oder ein Schlaganfall das Risiko, ein Cotard-Syndrom zu entwickeln. Doch auch traumatische Erlebnisse, die das psychische Gleichgewicht stören, können wohl eine Rolle spielen. Anscheinend sind Veränderungen im Hirnstoffwechsel oder andere Störungen der Gehirnfunktionen maßgeblich daran beteiligt, ob ein Cotard-Syndrom auftritt.

Ein Gehirnscan brachte Aufklärung

Bisher ist erst ein Fall bekannt, in dem das Gehirn eines Patienten mit Cotard-Syndrom untersucht wurde. Ein 48-jähriger Brite litt unter einer schweren Depression und versuchte, sich durch einen Stromschlag umzubringen. Zwar misslang der Versuch, doch wenige Monate danach teilte er seinen Ärzten mit, sein Gehirn sei bei dem Suizidversuch frittiert worden und er sei seitdem tot. Im Krankenhaus wurde daraufhin eine Positronen-Emissions-Tomografie (PET) durchgeführt. Das Ergebnis war ebenso überraschend, wie es aufschlussreich war. Auf den Bildern war zu erkennen, dass große Bereiche des Stirn- und des Scheitellappens kaum aktiv waren – in etwa vergleichbar mit einem Patienten, der narkotisiert ist oder in einem Wachkoma liegt. Die Ärzte schlossen daraus, dass ihr Patient aufgrund der mangelnden Hirnaktivität unter einer extrem gestörten Selbstwahrnehmung litt und sich „wie tot“ fühlte. Bemerkenswert war außerdem, dass andere Hirnareale dagegen besonders aktiv waren. Wie genau der Mechanismus des Cotard-Syndroms funktioniert, ließ sich aufgrund dieser Erkenntnisse noch nicht sagen. Doch war erstmals festzustellen, dass die Hirnaktivität überhaupt einer Veränderung unterworfen war – wenn es sich auch um einen Einzelfall handelte.

Wie wird ein Cotard-Syndrom behandelt?

Um ein Cotard-Syndrom effektiv behandeln zu können, muss zunächst einmal festgestellt werden, ob eine andere Erkrankung vorliegt, die das Cotard-Syndrom begünstigt oder ausgelöst hat. Ist das der Fall, sollte eine Behandlung zunächst einmal darauf abzielen, diese ursächliche Erkrankung zu heilen oder zu lindern. Handelt es sich um eine psychische Erkrankung, können neben Psychotherapie auch Neuroleptika und Antidepressiva zum Einsatz kommen. Eine solche Kombination hat sich bei bisherigen Fällen bewährt und dazu geführt, dass Betroffene schließlich eingesehen haben, dass sie lediglich einer Wahnvorstellung aufgesessen und nicht wirklich tot sind.

Sollten Sie selbst unter suizidalen Gedanken leiden oder kennen Sie jemanden, der darunter leidet, wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt, die Seelsorge oder an entsprechende Verbände oder Hilfseinrichtungen. Man wird alles tun, um Ihnen zu helfen!

 

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