Geschrieben: 05. September, 2023 in Krankheiten von A-Z
 
 

Autismus – mehr als nur ein anderer Blickwinkel


Äußerlich sieht man ihnen meist nichts an. Doch könnte man in ihren Kopf schauen, käme man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Autisten sind gesellschaftliche Außenseiter, die sich erst bei genauerem Hinsehen als solche offenbaren. Doch sind Autisten nun krank? Leiden sie an einer geistigen Behinderung oder verfügen sie über eine besondere Begabung?

Autismus, Fotoquelle: 123RF.

Jeder Autist ist zunächst einmal ein Mensch und von daher etwas Besonderes. Ihr Autismus äußert sich daher auch auf verschiedenste Arten. Im medizinischen Sinn liegt bei Autisten in der Regel eine angeborene, unheilbare Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitungsstörung des Gehirns vor. In den meisten Fällen haben Autisten auch Schwierigkeiten im sozialen Umgang, was für die Umwelt zunächst irritierend sein kann. Gerade für nahestehende Personen können die kleinen und großen Verhaltensauffälligkeiten im Alltag zur Belastungsprobe werden.

Manche Autisten zeigen daneben jedoch auch herausragende Leistungen in bestimmten Bereichen der Wahrnehmung, des Gedächtnisses oder der Intelligenz. Kein Wunder, dass man schon längst nicht mehr nur im Silicon Valley gezielt nach Autisten mit einer solchen „Inselbegabung“ sucht. Über die Ursachen des Autismus herrscht bislang noch Uneinigkeit. Eine „Heilung“ im klinischen Sinn ist nicht möglich. Betroffene können jedoch einen individuellen therapeutischen oder pädagogischen Ansatz verfolgen, um gezielt, bestimmte Symptome zu lindern.

Typen des Autismus

Um die Vielfältigkeit des Autismus in seinen individuellen Ausprägungen irgendwie klassifizieren zu können, hat die Wissenschaft das ‚,Autismus-Spektrum“ entwickelt. Auf dieses Hilfskonstrukt zurückgreifend, spricht man daher bei einer nur schwer klassifizierbaren Ausprägung auch oft von einer Autismus-Spektrums-Störung (ASS). Außerdem unterscheidet man zwischen dem frühkindlichen Autismus, dem sogenannten Kanner-Syndrom, und dem erst ab dem dritten Lebensjahr auftretenden Asperger-Syndrom. Das Kanner-Syndrom hat oft eine stark eingeschränkte Sprachentwicklung zur Folge und kann in Verbindung mit einer geistigen Behinderung einhergehen. Beim frühkindlichen Autismus unterscheidet man daher zwischen Kindern mit gleichzeitiger geistiger Behinderung, normalem geistigen Leistungsvermögen und besonderer Begabung. Asperger-Syndrom nennt man dagegen einen Autismus, der sich erst im fortgeschrittenen Kindesalter äußert. Ein Hauptunterscheidungsmerkmal ist daher auch der ‚,normale“ Sprachgebrauch. Daneben existiert jedoch auch ein atypischer Autismus, eine Mischform beider Syndrome.

Inselbegabungen

Autisten haben häufig ungewöhnliche oder ungewöhnlich stark ausgeprägte Interessen. Das kann sich bis zur Manie steigern. Und eventuell in etwas münden, was Umstehende als ‚,Genie“ bezeichnen würden. Dieses Genie kann sich in verschiedenen kognitiven und kreativen Bereichen äußern, z. B. im Kopfrechnen, Musizieren, Malen oder in einem fotografischen Gedächtnis. In solchen Fällen spricht man von einer „Inselbegabung“. Die Menschen mit einer solchen Begabung nennt man ‚,Savants“ – das Wort stammt aus dem Französischen und bedeutet so viel wie ‚,Wissende“. Doch nur ein kleiner Teil der Autisten verfügt über eine solche Inselbegabung oder hat sie für sich entdeckt. Andersherum sind jedoch rund die Hälfte aller Inselbegabten Autisten. Es scheint also, als könne gerade ein Autist sein geistiges Potenzial besser erschließen, als es Otto Normalverbraucher möglich ist.