Geschrieben: 18. April, 2017 in Aktuelles
 
 

Vom Heil- zum Suchtmittel – Wenn Medikamente abhängig machen


Suchtkrankheiten sind in Deutschland weit verbreitet. Einen Überblick über Suchtkrankheiten hierzulande bietet das „Jahrbuch Sucht“ der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen. Demnach führt der Alkohol auch weiterhin die Liste der am weitesten verbreiteten Suchtmittel an. Gefolgt von Zigaretten und vielen Arten von illegalen Drogen. Ein Problem, dass laut den Herausgebern viel zu oft ignoriert wird, ist die Medikamentensucht.

Medikamentensucht, Fotoquelle: 123RF

Tabak – Der Dunst lichtet sich

Die erfreuliche Nachricht: Dieses Jahr lag der Tabakkonsum niedriger als in den vergangenen Jahren. Demnach hüllen sich weniger Menschen in den blauen Dunst ein. Höhere Steuern und Aufklärungskampagnen scheinen Wirkung zu zeigen. Rauchen verliert endlich sein „cooles“ Image und wird als Gefahr für die Gesundheit erkannt und benannt. Demgegenüber steht jedoch eine steigende Nachfrage nach Pfeifentabak. Das legt zunächst den Schluss nahe, dass die schnieke Pfeife die schnöde Zigarette als „schickes“ Rau(s)chmittel ablösen könnte. Doch auch in Wasserpfeifen wird deutlich mehr Tabak verdampft. E-Zigaretten fristen hingegen noch immer ein Nischendasein.

Alkohol – Kulturgut und Suchtmittel

Alkohol ist das drittbeliebteste Suchtmittel der Deutschen – wobei anzumerken ist, dass Alkoholkonsum viel zu oft verharmlost, die Gefahr des Missbrauchs heruntergespielt und sein Suchtpotenzial kleingeredet wird. Seine Bedeutung spiegelt sich jedoch in den konsumierten Mengen wider: Hochgerechnet trinkt jeder Bundesbürger knapp zehn Liter reinen Alkohol pro Jahr. Damit belegt Deutschland bezüglich des Alkoholkonsums weltweit einen der Spitzenplätze. Und auch bei den Todesopfern mischt Deutschland ganz vorne mit: Rund 75.000 Menschen sterben jedes Jahr an den direkten oder indirekten Folgen eines übermäßigen Alkoholkonsums. Wirklich thematisiert und problematisiert wird das jedoch selten. Zu einflussreich ist die Alkohol-Lobby, zu wichtig ist „Freund Alkohol“ für die Wirtschaftsleistung, zu tief verwurzelt ist der Alkohol im Verständnis der eigenen Kultur.

Medikamente – Ein vernachlässigtes, aber riesiges Problem

Schätzungsweise sind zwischen einer und eineinhalb Millionen Menschen in Deutschland medikamentenabhängig. Das platziert die Medikamentensucht auf Platz Zwei zwischen Tabak und Alkohol. Besonders problematisch sind verschreibungspflichtige Schmerzmittel, die vor allem bei falscher Anwendung schnell eine starke Abhängigkeit hervorrufen können. Das Problem: Einmal verschrieben entzieht sich die tatsächliche Nutzung einer professionellen Kontrolle. Die selbstbestimmte Medikation erfährt durch die vorherige Verschreibung durch einen Arzt eine scheinbare Legitimation. Außerdem können potente Schmerzmittel wie Opiate so auch auf dem Schwarzmarkt landen, wo sie ähnlich illegalen Drogen vertrieben werden. Besonders betroffen von einer Medikamentensucht sind auch alte Menschen. Leider haben gerade die auch die kleinste Lobby, sind sie doch schnell an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Leider muss man davon ausgehen, dass es in Pflegeeinrichtungen, in denen Bewohner unter Umständen einen Teil ihrer Selbstbestimmung verlieren, auch immer wieder dazu kommt, dass vermeintliche „Problemfälle“, die unterbezahlten und überforderten Pflegekräften viel Arbeit machen, schlicht ruhiggestellt werden – was für eine noch höhere Dunkelziffer spricht.

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