Geschrieben: 04. Februar, 2010 in Ratgeber Tipps & Trends
 
 

Bemessung von Schmerzensgeld


Wenn Körper und Seele verletzt werden

Hat das Auto einen Totalschaden, richtet sich der Schadenersatz nach Baujahr, Marke, und Zustand. Doch welchen Wert hat ein gebrochenes Bein oder ein schmerzhaftes Schleudertrauma? Und wie viel steht einem nach einer verpfuschten Laserbehandlung für das verletzte Auge zu? 

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Oder wenn nach einer Blondierung die Haare ausfallen: Wie wird der immaterielle Schaden bemessen? Wann man Schmerzensgeld verlangen kann, und wonach sich dieser Anspruch bemisst.

„Schmerzensgeld ist ein Schadenersatzanspruch für immaterielle Schäden, auch Nichtvermögensschaden genannt“, erklärt die D.A.S. Juristin Anne Kronzucker. Es kann bei einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung geltend gemacht werden. Aber auch die Verletzung des Rechts am eigenen Bild, eine Beleidigung oder eine Urheberrechtsverletzung können Ansprüche auf Ersatz von immateriellem Schaden nach sich ziehen. Grundsätzlich soll das Schmerzensgeld dem Geschädigten einen Ausgleich bieten für nicht materielle Einschränkungen, aber zugleich soll es auch dem Gedanken Rechnung tragen, dass der Verursacher des Schadens dem Geschädigten Genugtuung schuldet für das, was er ihm angetan hat. Bei harmlosen Verletzungen wie zum Beispiel blauen Flecken, leichten Prellungen oder Abschürfungen wird kein Schmerzensgeld bezahlt.

Die Kriterien der Berechnung

Gerichte stellen zum Teil eigene Schmerzensgeldtabellen zur Verfügung. Auch Verlage bringen entsprechende Tabellen heraus, die Rechtsanwälten und Geschädigten eine erste Einschätzung der Anspruchshöhe ermöglichen. Diese bieten eine Ãœbersicht der bisherigen Rechtsprechung bei Schmerzensgeldentscheidungen und geben Anhaltspunkte für die Berechung des Anspruchs. „Grundsätzlich kann das Schmerzensgeld eine Einmalzahlung ebenso wie eine Rente sein“, erklärt die D.A.S. Expertin. „Die Höhe bemisst sich nach dem Verletzungsgrad, Dauer der Schmerzen, bleibende Entstellungen, Länge eines Krankenhausaufenthalts sowie Arbeitsunfähigkeit.“ Nicht zu unterschätzen ist der Aspekt des Mitverschuldens: So bekam ein Motorradfahrer, der unberechtigt auf der Busspur fuhr und von einem rechtsabbiegenden Auto angefahren wurde, laut Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 3. Dezember 2009 nur wenig Schmerzensgeld (Az. 12 U 32/09). Gerichte berücksichtigen auch den Genugtuungs- und Präventionsgedanken. So sprach das Oberlandesgericht Hamm einer Frau 10.225 Euro zu, deren – nicht für diese Zwecke aufgenommenes – Aktfoto plötzlich den Titel einer Zeitung zierte: Das Gericht sah darin eine schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung und verwies in seiner Begründung explizit auf den Präventionsgedanken (Az. 3 U 132/96).
Immer wieder werden Schmerzensgeldansprüche auch nach Auffahr-Unfällen geltend gemacht: Durch den Aufprall erleidet der Vordermann ein Schleudertrauma, in der Fachsprache HWS-Syndrom genannt. Nicht immer haben Klagen vor Gericht Erfolg. So muss der Geschädigte das Ausmaß der gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufgrund des Unfalls nachweisen. Wem der Nachweis nicht gelingt, geht unter Umständen leer aus (so zum Beispiel OLG Celle, Urteil vom 20.01.2010, Az 14 U 126/09).

Was ist in Deutschland möglich – und was nicht

Millionen-Summen an Schmerzensgeld, wie man es aus den USA kennt, werden in Deutschland bei weitem nicht bezahlt, dennoch sind die Beträge in den vergangenen Jahren ständig gestiegen. Allerdings gibt es immer wieder Beispiele, in denen Gerichte Schmerzensgeldforderungen abgewiesen haben. Dabei handelt es sich um Fälle, die unter ein gewisses Alltagsrisiko fallen. Bis vor den Bundesgerichtshof zog ein Mann, der beim Genuss eines Gebäcks namens „Kirschtaler“ auf einen Kirschkern biss. In Folge verlor er ein Stück seines Zahnes und wollte nun seinen Bäcker auf Schmerzensgeld und Behandlungskosten verklagen. Kirschen haben Kerne, man könne also nicht erwarten, dass ein Kirschtaler keine Kirschkerne enthalte, urteilten die Richter (Urteil vom 17.03.2009, Az. VI ZR 176/08).

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Urteile zur Schmerzensgeld-Zahlung:

Nach der Blondierung fielen der Kundin die Haare büschelweise aus – sie hatte unter der Friseurbehandlung nachweisbar zu leiden: 1.000 Euro Schmerzensgeld.
Amtsgericht Erkelenz, Az. 8 C 351/08

Nach einem Kopfsprung in ein zu seichtes Becken erlitt das Opfer eine schwere Schädelverletzung: 10.000 Euro Schadenersatz
Oberlandesgericht Köln, Az. 16 U 71/08

Quelle: D.A.S. Rechtschutzversicherung