Wie Cannabis zu therapeutischen Zwecken genutzt werden kann
Cannabis lindert Schmerzen und entlastet die Muskulatur. Doch nur in seltenen Fällen tragen die Krankenkassen die Kosten für den Wirkstoff zu therapeutischen Zwecken. Betroffene, bei denen andere Arzneien versagen, haben das Nachsehen. Günter Weiglein hat eine Dreizimmerwohnung im sechsten Stock und eine verriegelbare Besenkammer. Auf drei Quadratmetern plant er hier demnächst Cannabis anzubauen (Quelle: stern.de).
Der Cannabis-Wirkstoff THC entlastet unter anderem Schmerzpatienten, Fotoquelle: 123RF
Am 22. Juli 2014 entschied das Verwaltungsgericht Köln, dass er hierzu die Erlaubnis habe, wobei wichtig war, dass die Kammer verriegelbar ist: Auf diese Weise könne niemand anderes auf den Hanf Zugrif haben. Seit einem Unfall mit dem Motorrad 2002 leidet Weiglein unter chronischen Leiden und hat zahlreiche Arzneien getestet. Ohne Erfolg. Laut ihm zeigen nur Joints in regelmäßigen Abständen eine positive Wirkung. Daher hatte seine betreuende Ärztin 2009 bei der Bundesopiumstelle eine Sonderregelung ausgehandelt, die dem 39-jährigen – wie auch 299 anderen deutschen Betroffenen – ermöglicht, den Hanf aus therapeutischen Gründen einzunehmen.
THC-haltige Medikamente sind bereits seit 15 Jahren im Einsatz
Bisher bestand das Problem allerdings darin, dass die Blüten nur in der Apotheke bezogen werden durften – eine sehr teure Angelegenheit. „Das kann ich mir nicht leisten“, erklärt Weiglein, der vom Einkommen seiner Ehepartnerin lebt. Aus diesem Grund hatten er und vier weitere von chronischen Leiden Betroffene eine Klage gegen die Bundesopiumstelle eingereicht. Das Hirn und zahlreiche andere Organe besitzen eigene Andockstellen für den zentralen Wirkstoff der Cannabis-Pflanze THC (Tetrahydrocannabinol).
THC erzeugt Rauschzustände, lindert aber auch Schmerzen, entlastet die Muskeln und erhöht den Appetit. Da für die gewollten therapeutischen Zwecke viel kleinere Dosierungen benötigt werden als für den ungewollten Rausch, gibt es in Deutschland seit ungefähr 15 Jahren zwei Arzneien, die THC beinhalten. Sie helfen nicht nur bei Leiden, sondern kommen auch bei der Bekämpfung von Appetitlosigkeit bei Krebspatienten, sowie zur Hemmung von Übelkeit und von Muskelspastiken bei Multipler Sklerose zum Einsatz.
Krankenkassen weigern sich, die Kosten zu tragen
Eine solche Therapie wird jedoch selten von der Krankenkasse getragen. Zahlreiche kleinere Studien zeigen zwar den Effekt bei unterschiedlichen Indikationen auf – allerdings gibt es noch keine Untersuchungen, die aus Sicht der Forscher die ausreichende Qualität aufweisen. Bei Cannabis in gerauchter Form, bei dem neben THC Cannabinoide wirken, sieht es noch düsterer aus: Über die Effekte auf Körper und Geist gibt es nahezu keine Erkenntnisse. Bevor Günter Weiglein die Erlaubnis bekam, Joints mit Blüten aus der Apotheke zu rauchen, hatte er es auch mit der THC-Arznei Dronabinol versucht. „Das hatte bei mir keinerlei Wirkung“, erklärt er. „Manche Patienten profitieren tatsächlich besser von gerauchtem Cannabis“, erläutert der Arzt Franjo Grotenhermen, Vorstand der Internationalen Arbeitsgemeinschaft für Cannabinoidmedikamente (IACM). Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArm) legte Berufung gegen die Klage von Weiglein und seinen Mitstreitern ein. Daher kann es noch dauern, bis sie ihr eigenes Cannabis anbauen. „Mit einer endgültigen Entscheidung rechnen wir frühestens nächstes Jahr“, erklärt Grotenhermen.