Das Rätsel der Tränen – Warum wir weinen!
Es gibt verschiedene Gründe warum wir weinen: vor Schmerz, aus Wut, Trauer oder Mitleid – aber auch beim Zwiebelschneiden oder wenn wir ein Insekt ins Auge bekommen. Letztere Tränen dienen dazu, unser Auge zu reinigen und alle brennenden oder störenden Fremdkörper möglichst schnell auszuschwemmen. Doch gerade wenn es um das emotionale Weinen geht, steht die Wissenschaft auch heute noch vor einem Rätsel.
Weinen, eine ganz natürliche Sache, Fotoquelle: 123RF
Welchen Zweck haben diese besonderen Tränen? Dienen sie dem Hausputz der Seele oder gehören sie einfach zur menschlichen Kommunikation?
Reflextränen
Manchmal weinen wir aus Reflex auf einen Reiz. Das bereits erwähnte Zwiebelschneiden oder das Insekt im Auge sind gute Beispiele für solche ‚Reflextränen‘. „Gelangen Fremdkörper ins Auge, arbeiten unsere Tränendrüsen auf Hochtouren – mit dem Ziel, das Problem möglichst schnell aus dem Auge zu spülen und es vor Schaden zu bewahren“, sagt Professor Christian Ohrloff, ehemaliger Direktor der Augenklinik des Universitätsklinikums in Frankfurt am Main und nun Sprecher der Gesellschaft für Augenheilkunde (DOG). Diese Tränen schwemmen also Fremdkörper fort und schützen das Auge zusätzlich durch ihre antibakterielle Wirkung. Ursache und Wirkung sind also sehr klar umrissen.
Gefühlstränen
Anders sieht es da bei den emotionalen Tränen aus. Diese werden durch Trauer, Wut oder auch Freude ausgelöst. Generell kann man sagen, dass sie in einer emotional stark aufgeladenen Situation entstehen. „Welchem biologischen Zweck solche Tränen dienen, ist bis heute nicht vollständig geklärt und wird in der Wissenschaft kontrovers diskutiert“, sagt Ohrloff. Diese Tränen sind auch insofern etwas Besonderes, als dass sie ausschließlich beim Menschen vorkommen. Zwar geben auch Tiere Tränenflüssigkeit ab, doch scheint es erwiesen, dass dies nicht aus einer emotionalen Aufgewühltheit entsteht.
Dienen Gefühlstränen der Selbstreinigung?
Doch welchen Zweck haben diese Tränen nun? Derzeit gibt es zwei Erklärungsversuche. Der erste beruht auf der Annahme, dass emotionales Weinen dem Stressabbau dient. Danach würden durch die Tränenflüssigkeit belastende, also Stress verursachende Stoffe ausgeschieden und somit eine Art Katharsis-Effekt erreicht. Das klingt zunächst so ähnlich, wie das reflexhafte Weinen, das ja ebenfalls der Reinigung dient. Zwar unterscheidet sich die Zusammensetzung der Tränenflüssigkeit bei Reflextränen von Gefühlstränen tatsächlich, doch gerade Stresshormone wie Adrenalin, Dopamin oder Adrenocorticotropin wurden bisher nicht in Tränen nachgewiesen. Eine Entgiftung durch Tränen ist also eher unwahrscheinlich.
Oder sind sie doch eher ein Mittel der Kommunikation?
Das zweite Modell versteht emotionales Weinen hingegen als Teil des menschlichen Sozialverhaltens und als Mittel der Kommunikation. So hat man herausgefunden, dass der Anblick eines weinenden Menschen im Normalfall starke Gefühle beim Gegenüber auslöst – und zwar vor allem Mitgefühl. Tränen funktionieren demnach als ein Verstärker für soziales Verhalten, während sie feindseliges Verhalten tendenziell eher abschwächen. So stellte auch das renommierte Magazin Science im Jahr 2011 eine Studie des Forschers Noam Sobel vor, laut derer der Geruch von Frauentränen den Testosteronspiegel bei Männern senkte. Emotionale Tränen könnten demnach vor allem die Funktion haben, Botenstoffe zu transportieren, die Aggressionen bei Außenstehenden abmildern.
Doch ob Tränen nun der Selbstreinigung dienen, oder eine Art Hilferuf sind – sie erfüllen auf jeden Fall eine ganz bestimmte und auch wichtige Funktion in unserem Leben. Vielleicht sind sie uns manchmal unangenehm, doch peinlich brauchen sie einem nicht zu sein.