Helgoland: Oft belächelt, aber absolut sehenswert
Wer berichtet, er fahre in den Ferien nach Helgoland, muss mit entsetzten Gesichtern rechnen. Dabei hat die autofreie Insel in der Nordsee viel zu bieten – nicht nur für Vogelliebhaber, sondern auch für Strandfreunde. Dennoch: Wenn sie im Gespräch mal für Aufruhr sorgen wollen, müssen sie weder eine Steuerhinterziehung beichten noch düstere Tiefen ihrer Seele offenbaren, es genügt, seine Urlaubspläne kundzutun: „Wir machen eine Reise nach Helgoland.“
Auf Helgoland kann man die Dünenbewohner aus nächster Nähe bewundern, Fotoquelle: 123RF
In neunzig Prozent der Fälle wird ihr Gesprächspartner ganz blass, möglicherweise ein „Wie furchtbar!“ von sich geben und dann eine Gruselgeschichte auftischen: Von einer schrecklichen Seefahrt oder Schnapstoten auf dem Fuselfelsen, von einer Polonäse der Dauerraucher durch Duty-free-Läden oder einer traumatischen Kindheitserinnerung aus einem anderen Zeitalter. Möglicherweise sollte man sie einfach klug daherfaseln lassen und seine eigene Erfahrung für sich behalten. Doch Helgoland ist es wert, dass man seine Ehre verteidigt.
Hamburger Geschäftsleute tragen die Verantwortung für die Teilung Helgolands
Die Insel, die 62 Kilometer nordwestlich von der Elbmündung liegt, ist fantastisch – oder genauer gesagt, die Inseln sind fantastisch. Denn Helgoland ist ein Geschwisterpaar: Ein imposanter roter Felsen, der aus dem Meer aufsteigt, und eine fantastische Düne gleich daneben für Badevergnügen und Karibik-Feeling an der Nordsee. Bis zur Neujahrssturmflut 1720/21 gehörten die beiden zusammen – und vieles deutet darauf hin, dass die Hamburger für den Werdegang des Pinneberger Eilands verantwortlich sind. Noch 100 Jahre davor lag auf der Düne das Wittekliff, das angeblich ungefähr gleich hoch wie der rote Felsen war.
Eifrige Geschäftsleute aus der Hansestadt trugen hier massenhaft Gips und Muschelkalk ab, was dazu führte, dass der Felsen schnell zusammenbrach. Beinahe wäre es vor wenigen Jahren zur Rehabilitierung gekommen: Der Einfall des Hamburgers Arne Weber, die Düne durch einen Damm mit Marina und Hotels wieder mit der Hauptinsel zu verbinden, wurde aufgrund einer leichten Mehrheit der Inselbewohner verworfen. Auf diese Weise bleibt der ganz große Ansturm der Touristen aus – und auch das finden Freunde der Dünen toll.
Eine einmalige Nähe zu den tierischen Bewohnern der Dünen
An dieser Stelle befinden sich mittlerweile zwei Bungalowdörfer und der Zeltplatz, der für naturliebende Reisende ein verlockendes Ziel ist: Kein Tagesreisender ist jemals auf der Düne gelandet. Man ist allein mit den vereinzelten Langzeiturlaubern und Hunderten von Kegelrobben und Seehunden, die im Dünengebiet leben. Man findet weltweit nur wenige Orte, an denen man wild lebende Tiere aus einer solchen Nähe betrachten kann. So manch ein schwimmender Urlauber zeigt sich leicht verwirrt, wenn in relativer Nähe plötzlich ein lächelndes Gesicht mit Bart aus dem Meer ragt. Doch es gibt nichts zu befürchten: Die sind nur auf Spielen aus!