Geschrieben: 07. Juli, 2017 in Psyche & Nerven
 
 

Panikattacken – Wenn die Angst Ãœberhand nimmt


Angst ist eines der wichtigsten Werkzeuge innerhalb des Repertoires der Evolution. Sie sorgt dafür, dass wir Gefahren erkennen und vermeiden wollen. Angst fördert das Überleben. Allerdings kann es auch zu einem Fehlalarm kommen, wenn harmlose Situationen plötzlich angstbesetzt sind, es zu Schweißausbrüchen, beschleunigtem Pulsschlag, Schwindelgefühlen und Atemnot kommt.


Panik / Angst, Fotoquelle: 123RF

Solche Angst- oder Panikattacken sind Überreaktionen, die vom Prinzip her ähnlich einer allergischen Reaktion ablaufen: ein an sich harmloser Reiz in Form einer bestimmten Situation, eines Geräuschs oder eines Geruchs löst eine vermeintlich notwendige Reaktion des Körpers aus, die objektiv betrachtet unnötig und überzogen ist. Eine Besonderheit von Panikattacken: Schon die Angst vor der möglicherweise auftretenden Angst kann zu einer Panikattacke führen. Betroffene schränken ihren Alltag daher häufig ein, um für sie problematische Situationen von vornherein zu vermeiden. Manchmal geht eine solche Selbstbeschränkung auch mit Depressionen einher, die die Lebensqualität massiv beeinträchtigen.

Angst hat immer eine Ursache

Der tatsächliche Grund, warum sich die Angst plötzlich Bahn bricht, ist nicht immer einfach ersichtlich – aber es gibt einen solchen Grund. Manchmal ist er relativ leicht zu erkennen, z.B. bei einer gesteigerten Angst vor Fremden und einer Panikattacke inmitten des Trubels einer Fußgängerzone. Wobei zu klären bliebe, woher die Angst vor fremden Menschen kommt.

Andere Male liegen der Angst unbewältigte Konflikte zugrunde, die längst vergessen scheinen, aber immer noch nachwirken. Dann lässt sich eine Panikattacke nur schwer zu dieser Ursache zurückverfolgen. Im ersten Moment scheint die Angst aus dem Nichts heraus zu kommen. Solche unbewältigten Konflikte können Krankheiten, Todesfälle von Angehörigen, eine Trennung vom Partner, finanzielle Schwierigkeiten oder auch Mobbing sein. Immer dann, wenn eine gespürte Sicherheit plötzlich wegfällt, kann eine große Unsicherheit ihren Platz einnehmen und Ängste hervorrufen, die eine Panikattacke auslösen.

Diese Unsicherheit kann sich auch auf Bereiche des Lebens übertragen, die bisher als Hort der Sicherheit erlebt wurden: Jahrelang hat man Reden vor großem Publikum gehalten, bis plötzlich alle Eloquenz und Selbstsicherheit von einem abfällt. Versagensangst macht sich breit. Dann fehlen einem die Worte, man spürt den berühmten Kloß im Hals, den Schweiß auf der Stirn, man wünscht sich weit weg, zumindest aber runter von der Bühne, aus den Augen des in Erwartung erstarrten Publikums.

Panikattacken versetzen den Körper in den Autopilot-Modus

Für Betroffene sind Panikattacken nur schwer zu kontrollieren. Sie werden von der Angst geradezu überrollt. Eine Panikattacke als eine unbegründete Überreaktion zu erkennen, fordert ein extremes Maß an Selbstbeherrschung und Reflexionsvermögen. Doch es liegt in der Natur der Angst, dass sie instinkthaft abläuft und eine Abstraktion nicht zulassen möchte. Der Körper schaltet auf Überlebensmodus. Angst, die erst die Form von Panikattacken angenommen hat, wieder zu kontrollieren und schließlich sogar abzuschütteln, erfordert Willensstärke.

Grundlegende Methoden, um Angstgefühle zu bekämpfen, sind bestimmte Atmungstechniken, wie sie beispielsweise beim Yoga oder dem autogenen Training Anwendung finden. Denn durch Hyperventilation entsteht ein Ungleichgewicht zwischen Sauerstoff- und Kohlendioxidaustausch. Es kommt zur Verhärtung der Muskulatur, die schließlich zu zittern beginnt. Eine bewusste, kontrollierte Atmung, bei der länger aus- als eingeatmet wird (vier Sekunden einatmen und sechs Sekunden ausatmen), beruhigt und fokussiert den Organismus. Auch leichte körperliche Übungen, z.B. leichtes Hüpfen, Fäuste ballen und entspannen, Hampelmann oder Liegestütz, können helfen, eine Panikattacke abzuschütteln. Der Körper kann seinen Fluchtdrang dadurch scheinbar befriedigen und beruhigt sich.

Eine weitere Möglichkeit ist der Gedanke an eine geliebte Person, die Sicherheit vermittelt. Das kann der Partner, die Großmutter oder auch das Haustier sein. Dem Angstgefühl wird ein Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit entgegengestellt.

Der Umgang mit der Angst lässt sich trainieren

Es ist empfehlenswert, verschiedene Bewältigungsstrategien auszuprobieren und nach Möglichkeit zu trainieren. Sowohl Atmungs- als auch Gedankenübungen können trainiert und ihre Wirksamkeit erhöht werden. Auf dem Markt gibt es auch viele Ratgeber, die eine Hilfestellung sein können. Manchmal kann eine persönliche Anleitung in Form von Kursen nötig sein, um wirksame Entspannungstechniken zu erlernen. Sollten Sie Ihre Probleme alleine nicht in den Griff bekommen, dürfen Sie sich nicht scheuen, Hilfe von anderen anzunehmen. Sprechen Sie mit Menschen, denen sie vertrauen, oder fragen Sie Ihren Hausarzt nach psychotherapeutischer Unterstützung. Angst ist nichts, wovor man sich zu schämen hat.

Die Flucht in Einsamkeit, Alkohol oder Drogen gehört nicht zu den Wegen, die von einem dauerhaften Erfolg gekrönt sind. Im Gegenteil: Dadurch entstehen neue schwerwiegende Probleme, während die alten Probleme letztlich ungelöst bleiben und erneut „hochkochen“ können.