Finanzierung von Psychiatrie und Psychosomatik
Die geplante Finanzierung psychiatrischer und psychosomatischer Kliniken erntet Kritik. Vor allem schwer Erkrankte würden von dem neuen System nur unzureichend aufgefangen. Die Politik scheint nun auf Befürchtungen von Ärzten und Verbänden einzugehen.
Finanzierung, Fotoquelle: 123RF
Der optimalen gesundheitlichen Versorgung stehen seit der Einführung von Fallpauschalen ökonomische Aspekte gegenüber: so erhalten Kliniken für Leistungen wie Operationen eine Pauschale – egal wie lange der Patient zwecks Genesung noch auf Station liegt. Somit steigt der Druck, Patienten schnell zu entlassen.
Die Behandlung psychischer Störungen macht oftmals ebenso einen mehrwöchigen- oder monatigen Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik nötig. Im nächsten Jahr soll auch für diese ein entsprechendes Finanzierungssystem eingeführt werden: das pauschalierende Entgeltsystem Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP).
Ärzte und Patienten richteten nun warnende Befürchtungen an die Politik. So würden sich Patienten mit schweren Erkrankungen für die Kliniken nicht mehr rechnen. Die Folge könnten auch hier frühzeitige Entlassungen sein – obgleich eine weitere Behandlung aus ärztlicher Sicht angezeigt ist.
Ökonomischer Druck zu Lasten der Patienten
Um eine schnelle Entlassung zu erreichen, würde ferner die medikamentöse Behandlung verstärkt, fürchten Kritiker. Auch könnte PEPP schon das Stellen der Diagnose beeinflussen. Denn die Höhe der Pauschalen hängt von Erkrankung und Schweregrad ab. Kliniken könnten dazu tendieren, eher jene Diagnosen zu vergeben, die für sie am günstigsten sind. Gerade Patienten mit ausgeprägter Symptomatik hätten das Nachsehen. Denn wenn komplizierte Störungen vorliegen, ist eine umfassende und teilweise auch lange Behandlung erforderlich, die sicherstellen kann, dass Personen optimal betreut werden.
Eine stationäre Behandlung bietet eine Vielzahl an unterschiedlichen Bausteinen, die dies gewährleisten sollen. Neben Psychotherapie und medikamentöser Therapie kommen hier Gruppen-, Ergo- oder Musiktherapie sowie Sport zum Einsatz. Dies kann ambulant in diesem Umfang nicht geleistet werden. Auch kann es in einigen Fällen hilfreich sein, die derzeitigen Lebensbedingungen wie gravierende familiäre Konflikte oder soziale Isolation durch eine stationäre Behandlung zu verändern. Dies betrifft auch Erkrankungen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen ohne stabile Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisse. In diesem Zusammenhang werden Stimmen für eine stärkere Verzahnung von stationärer und ambulanten Behandlung laut.
Reformen für die Zukunft
Gerade wenn man berücksichtigt, dass eine Zunahme psychischer Erkrankungen zu verzeichnen ist, und Wartezeiten für eine ambulante Psychotherapie teilweise erheblich sind, wird die Notwendigkeit von Reformen deutlich. Im Gespräch sind dabei eine Aussetzung von PEPP um zwei Jahre sowie die Prüfung alternativer, geeigneter Modelle.