Bipolare Störungen: himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt
Was haben Vincent van Gogh, Ludwig van Beethoven oder der Schauspieler Marlon Brando gemeinsam? Da ist zum einen das Lebenswerk dieser Persönlichkeiten, das Weltruhm erlangt hat. Was weniger bekannt ist: Alle drei litten unter einer sogenannten bipolaren Störung: einer psychischen Erkrankung, von der etwa jeder hundertste Deutsche betroffen ist. Das lateinische Wort „bipolar“ drückt dabei aus, dass sich zwei „Stimmungspole“ gegenüberstehen.
Zwei Stimmungspole, Fotoquelle: 123RF.
Beschreibungen von bipolaren Störungen sind seit der Antike bekannt. Sie beziehen sich auf Personen, deren Stimmung zwischen Depression und Manie wechselt. Während im ersten Fall die Stimmung niedergedrückt ist, zeichnet sich eine Manie durch eine euphorische, gehobene Stimmung aus – in leichter Form vergleichbar mit dem Zustand des Verliebtseins. Von Manien spricht man allerdings erst dann, wenn Intensität und Dauer anhalten und der Situation nicht mehr angemessen sind. Weitere Zeichen einer Manie sind z. B. ein geringeres Schlafbedürfnis, ein gesteigertes Interesse an diversen Aktivitäten, Rededrang oder erhöhter Antrieb. Ebenso kann es zu Schulden oder Konflikten mit dem Gesetz kommen. Letzteres auch aufgrund aggressiven Verhaltens. Oft treten die Wechsel zwischen Manie und Depression lebenslang auf und sind nur schwer vorhersehbar.
Die vielen Gesichter der Manie
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen der Bipolar-I- und Bipolar-II-Störung sowie der Zyklothymie. Bei der Bipolar-I-Störung wechseln sich depressive und manische Phasen ab. Die Bipolar-II-Störung ist gekennzeichnet durch depressive Episoden, die sich mit leichten manischen Phasen (Hypomanie) abwechseln. Bei der Zyklothymie hingegen sind über einen Zeitraum von mindestens 2 Jahren chronische Stimmungsschwankungen zu beobachten, wobei sowohl die depressiven als auch die manischen Phasen abgeschwächter sind.
Bipolare Erkrankungen zeichnen sich durch häufige Wiedererkrankungen aus. Symptome und deren Verlauf sind dabei von Person zu Person verschieden. Im Laufe eines Lebens können bis zu 100 oder mehr Episoden auftreten. So vielschichtig wie das Krankheitsbild sind auch deren Ursachen. Neben genetischen spielen neurobiologische und psychosoziale Faktoren eine entscheidende Rolle bei der Ausbildung der bipolaren Störungen.
Wirksame Behandlungsansätze
Man unterscheidet grundsätzlich zwischen medikamentöser und psychoedukativer bzw. psychotherapeutischer Behandlung. Die medikamentöse Therapie zielt dabei vor allem auf akute manische Zustände oder die Verhinderung von Rückfällen durch stimmungsstabilisierende Medikamente. Psychoedukative bzw. psychotherapeutische Behandlungen haben in den letzten Jahren an Gewicht gewonnen. So werden Betroffene durch spezielle Programme umfassend über ihre Erkrankung aufgeklärt. Um langfristig Rückfälle zu verhindern, hat sich die Entwicklung eines individuellen Frühwarnsystems als hilfreich erwiesen: Die Betroffenen lernen Auslöser manischer Phasen zu erkennen und angemessen damit umzugehen. Hierfür bietet sich der Einsatz eines Tagebuchs an, in dem man sich mit der momentanen Verfassung auseinandersetzt. Neben der Stimmung werden beispielsweise Schlafzeiten und Medikamentendosen protokolliert.