Dickdarm – Aufgaben und Erkrankungen
Je weniger wir uns mit ihm beschäftigen müssen, desto lieber ist es uns. Wer ihn zum Gesprächsthema macht, kennt sein Gegenüber sehr gut – oder er, bzw. sie trägt einen weißen Kittel mit Namensschild und Doktorkürzel. Doch mit dieser Missachtung, manchmal sogar Ekel, tut man ihm Unrecht. Er ist nämlich nicht nur für die letzten Schritte in unserer Nahrungsverwertung und dem Stoffwechselprozess zuständig, sondern beherbergt auch eine der Zentralen unseres Immunsystems.
Dickdarmerkrankungen gehen oft mit großen Schmerzen einher, Fotoquelle: 123RF.
Die Aufgaben des Dickdarms?
Der rund eineinhalb Meter lange Dickdarm ist ein Teil des menschlichen Verdauungstraktes. Zwischen dem Dünndarm, der für den Großteil der Nährstoffaufnahme zuständig ist, und dem Anus gelegen, besteht seine wesentliche Funktion darin, den Speisebrei aus dem Dünndarm zu übernehmen, ihn durch den Entzug von Flüssigkeit einzudicken und den Stuhl letztlich aus dem Körper zu transportieren. Je nach Aktivität und Stoffwechsel dauert die Passage des Stuhls durch den Dickdarm zwischen 12 und 48 Stunden. Während dieser Zeit wird dem Stuhl durch Osmose Wasser entzogen sowie Natrium-, Kalium- und Chlorid-Ionen aufgenommen. Gelangen nach den vorangegangenen Verdauungsprozessen noch Kohlenhydrate und Proteine in den Dickdarm, werden diese dort von Bakterien aufgebrochen und abgebaut. Resorbiert werden lediglich die dabei entstehenden kurzkettigen Fettsäuren.
Der Dickdarm als Lebensraum
Damit der Darm seine Aufgaben verrichten kann, benötigt er eine Darmflora. Diese Flora, auch Darmmilieu genannt, besteht aus Bakterien, die den Darm als ihr natürliches und ideales Ökosystem betrachten würden, wenn sie denn zu einer reflektierten Betrachtung fähig wären. Bis zu 100 Billionen Mikroorganismen, die 500 verschiedenen Bakterienstämmen angehören, beherbergt der menschliche Darm. Je nach Art der bevorzugten Nahrung, d. h. entweder vorwiegend Pflanzen oder Fleisch oder eben beides, unterscheidet sich auch die Zusammensetzung dieser Darmflora. Grundlegend für das Verständnis des Darms, seiner Funktion und der in ihm lebenden Darmbakterien ist jedoch, dass es sich bei diesem Zusammenleben um ein gewünschtes handelt. Man nennt das Symbiose. Indem die Bakterien für den Wirt, also den Menschen, nicht verdaubare Nahrungsbestandteile weiter aufbrechen, kann dieser die darin enthaltenen Nährstoffe doch noch verwerten.
Der Dickdarm als Teil des Immunsystems
Circa 80 % der körpereigenen Abwehrzellen des Immunsystems befinden sich im Darm. Dieses darm-assoziierte Immunsystem („Gut-Associated Lymphoid Tissue“ oder GALT) hält die Darmflora im Gleichgewicht und arbeitet ‚aus dem Bauch heraus‘, um unerwünschte Eindringlinge unschädlich zu machen. Dabei arbeitet es in Abhängigkeit von einer gesunden Darmflora. Ist das Immunsystem geschwächt, gerät die Darmflora in ein Ungleichgewicht. Und ist die Darmflora nicht im Gleichgewicht, wird das Immunsystem geschwächt. Funktioniert die Symbiose von Immunsystem und Darmflora nicht mehr, spricht man von einer „Dysbiose“ oder „Dysbakterie“. Um die Darmflora bei einer solchen Dysbiose wieder ins Gleichgewicht zu bringen, verabreicht man Betroffenen mittlerweile häufig Probiotika. Diese lebenden Bakterien haben je nach Stamm ganz unterschiedliche Auswirkungen. Von der Wissenschaft konnte eine Vielzahl dieser Wirkungen belegt werden.
Der Sitz des Bauchgefühls
Der Dickdarm ist von einem Kranz von Nervenzellen umgeben, die den komplizierten Verdauungsvorgang steuern. In der Menge sind mehr Nervenzellen daran beteiligt, als im Rückgrat vorhanden sind. Wer daher von einem zweiten Gehirn oder Nervenzentrum im Bauch spricht, hat also gar nicht so Unrecht. Viele psychische Phänomene, wie z.B. Stress, Nervosität oder Angst, schlagen sich in einem „unguten Bauchgefühl“ nieder. Wer sich also auf sein Bauchgefühl verlässt, folgt damit den unbewussten und unreflektierten Signalen seines Körpers. Natürlich sind diese Signale nicht reflektiert, weshalb man auch manchmal falsch liegen kann. Unberechtigt oder gar leichtsinnig ist das Vertrauen in das eigene Bauchgefühl aber keinesfalls.
Erkrankungen des Dickdarms
Aufgrund seiner Komplexität kann der Dickdarm auf vielfältige Art und Weise erkranken. Besonders weit verbreitet sind die entzündlichen Darmerkrankungen. Ein solches häufig auftretendes Krankheitsbild ist die „Colitis ulcerosa“, eine chronische Darmentzündung, die häufig zunächst den Enddarm betrifft und sich im Verlauf auf den Dickdarm ausdehnt. Neben einer Ernährungsumstellung können Medikamente nötig sein, um die Krankheit zu besiegen. Hilft auch das nichts, bleibt nur noch ein operativer Eingriff, bei dem Teile oder der gsamte End- oder Dickdarms entfernt werden müssen. Durch eine „Colitis Ulcerosa“ steigt das Risiko, in der Folge an Darmkrebs zu erkranken.
Beim „Morbus Crohn“ handelt es sich ebenfalls um eine entzündliche Erkrankung der Darmwand. Wie die „Colitis ulcerosa“ tritt er in Schüben auf. Normalerweise zeigt bereits eine medikamentöse Therapie Erfolge. Jedoch ist die Rückfallquote beim „Morbus Crohn“ relativ hoch. Eine vollständige Genesung ist eher selten. Kommt es durch die Entzündung zu Komplikationen, z.B. Narbenbildung und Verengungen oder Abszessen, kann eine Operation notwendig werden.
Leider ebenfalls keine Seltenheit ist eine Krebsdiagnose im Bereich des Dickdarms. Jährlich wird sie über 60.000-mal gestellt. Neben dem- Prostata und dem Brustdrüsenkrebs ist sie die dritthäufigste Krebsdiagnose. Als Risikofaktoren für die Entstehung eines Darmkrebses gelten Rauchen, Bewegungsmangel, Übergewicht, Alkohol und zu viel rotes Fleisch. Die genauen Ursachen konnten jedoch noch nicht abschließend bestimmt werden. Je nach Art des Tumors kann eine Therapie aus Medikamenten, Bestrahlung und/oder einer Operation bestehen.