Paracetamol – Schmerzfrei & Gefühlskalt
Manche Menschen nehmen sie so regelmäßig, dass man schon fast vergessen könnte, dass es sich Medikamente handelt, und nicht um Vitamin C-Brausetabletten: Paracetamol. Paracetamol gehört zu den frei verkäuflichen Schmerzmitteln und wird bei einer großen Zahl von Beschwerden eingenommen – meist, ohne diese Einnahme mit einem Arzt abzusprechen.
Paracetamol, Fotoquelle: 123RF
Forscher aus den USA wollen nun aber herausgefunden haben, dass die Einnahme von Paracetamol nicht nur Schmerzen betäubt, sondern auch die Fähigkeit zur Empathie.
Zur Erklärung: Bereits vor Jahren hat man herausgefunden, dass Schmerzen dieselben Hirnareale aktivieren, wie die Vorstellung, dass es geliebten Mitmenschen schlecht geht. Eigenes Leid löst also das gleiche Neuronenfeuerwerk aus wie Mitleid mit anderen. Am amerikanischen National Institute of Health stellte man sich nun die Frage, ob Paracetamol diese Fähigkeit zum Mitleid mit anderen Menschen beeinflusst.
Eine Studie soll Klarheit bringen
Eine mehrstufige Vergleichsstudie sollte Klarheit bringen. Zunächst wurde Probanden ein Getränk gereicht. Ein Teil der Probanden erhielt ein Getränk mit Paracetamol, der andere Teil ohne das Schmerzmittel. Danach wurde bei beiden Gruppen die Fähigkeit getestet, sich in körperlich und seelisch schmerzvolle Erfahrungen anderer hineinzuversetzen. Zunächst dadurch, dass die Probanden Geschichten lasen, in denen eine schmerzhafte Erfahrung geschildert wurde. Anschließend sollten sie angeben, wie unangenehm ihnen ein bestimmter Ton war, und wie unangenehm er wohl für andere wäre. Als letzter Schritt wurde ihnen eine Videosequenz vorgespielt, in der eine Person aus einer Gruppe ausgeschlossen wird.
Paracetamol dämpft auch das Gefühl von Mitleid
Das Ergebnis: Jene Probanden unter dem Einfluss von Paracetamol hatten durchweg nicht nur ein niedrigeres eigenes Schmerzempfinden, sondern empfanden auch die Schmerzen anderer als weniger schlimm als die Placebogruppe. Ihre Fähigkeit, das Leid anderer zu empfinden, war genauso gedämpft, wie die Fähigkeit, den eigenen Schmerz zu spüren. In der Zeitschrift „Social Cognitive and Affective Neuroscience“ zogen sie schließlich das Resümee: Paracetamol nehme Menschen die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen. Schmerzen und die Vorstellung von Schmerzen, egal ob körperlich oder seelisch, werden als weniger schwerwiegend betrachtet. Auch Verlusterfahrungen würden leichter weggesteckt. Paracetamol lege sich demnach wie ein Dämpfer auf das gesamte Schmerzempfinden – und auf das Schmerzmitempfinden.