Wenn der Rücken schmerzt – Beschwerden richtig behandeln
Mal sticht es im unteren Rücken, mal zieht es zum Nacken hin – mit Rückenschmerzen macht fast jeder im Laufe des Lebens Bekanntschaft. Wer Glück hat, behält sie nur ein paar Tage. Wen es schlimmer trifft, der quält sich Monate oder gar Jahre. Woher kommen die Schmerzen – und wie kriegt man sie in den Griff?
Rückenschmerzern, Fotoquelle: 123RF
Die Zahl ist beeindruckend: Rückenschmerzen verursachen jährlich rund 40 Millionen Fehltage, wie eine Umfrage einer großen deutschen gesetzlichen Krankenkasse belegt. Ob Bandscheibenprobleme, Verspannungen oder Hexenschuss – geplagte Rücken sind die häufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit.
Woher kommen die Probleme im Rücken? Dr. Joachim Harth, Neurochirurg aus Würzburg, erklärt: „Die größte Katastrophe ist, dass wir uns zu wenig bewegen, im Extremfall nur noch sitzen.“ Angespannte Sitzhaltungen, vornübergebeugt mit Blick auf die Computertastatur – all das sorgt für Fehlhaltungen, Verspannungen und letztlich Schmerzen. Die Gefahr: Oft wird aus einem akuten Schmerz ein langwieriges Leiden. Die Betroffenen fühlen sich häufig allein gelassen mit ihren Beschwerden, eine regelrechte Arzt-Odyssee beginnt. „Ein großes Problem sind die langen Wartezeiten“ sagt Physiotherapeutin Nadine Franke-Strauß, Regionalleiterin im Verband Physio Deutschland . Bis Betroffene Termine bei Fachärzten oder zum Röntgen bekämen, vergehe einfach zu viel Zeit. „Viele landen erst nach sechs bis zwölf Wochen bei uns“, sagt die Physiotherapeutin. Und sie weiß: Je länger Patienten auf eine Behandlung warten müssen, desto größer ist die Gefahr, dass Schmerzen chronisch werden. Und dann reichten häufig keine zwei Rezepte aus. Franke-Strauß: „Je länger man wartet, desto schwieriger und langwieriger wird es.“
Mit starken Muskeln gegen den Schmerz
Um es gar nicht erst soweit kommen zu lassen, empfiehlt der Würzburger Neurochirurg Dr. Joachim Harth, so viel Bewegung wie möglich in den Alltag einzubauen. Sein Tipp: Jeder sollte vorbeugend etwas für den Muskelaufbau tun. Sinnvoll sei es, mindestens zwei Mal in der Woche angestrengt zu trainieren. Denn Muskeln spielen im Kampf gegen Rückenschmerzen eine große Rolle. Sie fungieren wie eine Art Stützkorsett. Sind sie zu schlaff, können sie ihre Funktion nicht mehr übernehmen und unsere Wirbelsäule nicht richtig stützen – Schmerzen entstehen. Deshalb müssen wir unsere Muskeln hegen und pflegen. Und dabei sollte der Fokus auf unserer Rumpfmuskulatur liegen, denn sie wird ständig beansprucht.
Auch am Arbeitsplatz freut sich der Rücken über jede Unterstützung. Besonders wichtig: eine gesunde Sitzposition am Schreibtisch und vor dem Computer. Weit verbreitet war bisher die Annahme, dass dem Rücken eine aufrechte und angespannte Position besonders guttue. Neueste Erkenntnisse zeigen jedoch, dass eine leicht zurückgelehnte Sitzhaltung entspannter und schonender sei. Wichtig ist, selbst im Sitzen in Bewegung zu bleiben. Wechseln Sie am besten häufig Ihre Sitzposition. So trainieren Sie ganz automatisch und schonend Ihre Muskulatur und beugen so Verspannungen vor. Auch die Bandscheiben profitieren davon.
Sorgen sitzen oft im Rücken
Sport und Bewegung sind also die Allheilmittel gegen Rückenschmerzen? Ganz so einfach ist es leider doch nicht. Nicht selten steckt die Ursache nicht nur im Körper, sondern auch in der Seele. Bei psychischen Belastungen wie Stress oder Angstgefühlen kann es passieren, dass sich unsere Rückenmuskeln verkrampfen. Wer kennt es nicht? Sind wir gestresst oder haben Sorgen, ziehen wir unwillkürlich die Schultern nach oben, verspannen uns im Nacken und erstarren in unserer Körperhaltung. Die Folge: Unsere Muskeln schmerzen. Oft entsteht daraus ein Teufelskreis: Wir nehmen eine Schonhaltung ein, um dem Schmerz aus dem Weg zu gehen. Damit überfordern wir andere Muskelgruppen, die nun umso mehr arbeiten müssen. Neue Schmerzen entstehen.
Wie lässt sich dieser Teufelskreis durchbrechen? Häufig helfen konservative Methoden wie Physiotherapie, Manuelle Therapie, Medikamente, Schmerztherapie, Kuren und Reha-Maßnahmen. Gute Erfahrungen macht Physiotherapeutin Nadine Franke-Strauß vor allem mit Reha-Sport. „Das ist ein psychosoziales Angebot mit viel Spaß, und es scheint zu wirken. Bewegung und Spaß an der Bewegung sind das A und O.“ Die erfreuliche Nachricht: 50 Einheiten innerhalb von anderthalb Jahren zahlen in der Regel die Krankenkassen.
Neuromodulation bei schweren Beschwerden
Aber auch mit den konservativen Behandlungsmethoden lassen sich nicht alle Beschwerden in den Griff bekommen. Chronische Schmerzen können hartnäckig sein – vor allem, wenn ein Nervenschmerz bestehen bleibt. Schwer Betroffenen kann dann die so genannte Neuromodulation helfen; ein Verfahren, bei dem über Nervenstimulation die Schmerzwahrnehmung und -weiterleitung verändert werden können. So lassen sich Schmerzen mindern. Die Kassen übernehmen die Kosten in 80 bis 90 Prozent der Fälle allerdings erst, wenn die konservativen Methoden nicht geholfen haben.
Es gibt zwei Arten der Neuromodulation:
- Elektrostimulation über eine Sonde oder Nervenfeldstimulation. Bei diesem Verfahren löst der Patient mittels Fernbedienung Reize aus, die ein warmes, angenehmes Strömungsgefühl in den Beinen bewirken und so den Schmerz überlagern. In 80 bis 90 Prozent der Fälle ist so eine Schmerzlinderung möglich. Die Kosten liegen bei etwa 20.000 Euro.
- Intrathekale Medikation. Ein eher seltenes Verfahren, bei dem Schmerzmittel über Sonden oder Schläuche direkt in den Wirbelkanal eingebracht werden. Gesteuert wird die Abgabe der Medikamente durch eine Pumpe unter der Bauchhaut. Vorteil ist, dass bei diesem Verfahren vergleichsweise geringe Mengen an Schmerzmitteln nötig sind.